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   3. aktualisierte Auflage 

     Adoption - Alles was 

man wissen muss

 

 
Adoption - alles was man wissen muss    

 

 ´Adoption - Alles was man wissen muss`

   

Alles was man wissen muss: Endlich ein zuverlässiger Ratgeber für In- und Auslandsadoptionen, der den Erkenntnissen der modernen Adoptionsforschung Rechnung trägt und die wichtigsten Fragen von der ersten Beschäftigung mit dem Thema bis zum Leben als Adoptivfamilie beantwortet:

Wer ist für eine Adoption geeignet? Welches Kind passt zu wem? Brauchen Adoptivkinder eine besondere Erziehung? Ist Blut dicker als Wasser? Wie ist das mit den Genen? Kann man ohne Wurzeln leben? Welche rechtlichen Bestimmungen sind zu beachten?

´Adoption – Alles was man wissen muss` bietet mit anschaulichen Fallbeispielen eine wertvolle Hilfestellung bei allen relevanten Fragen. Zahlreiche Adressen, Literaturhinweise und Internet – Links für weiterführende Informationen runden das umfassende Angebot ab.

 

Die Autoren:

Herbert Riedle und Barbara Gillig - Riedle (Rechtsanwalt und Diplom - Psychologin). Das Ehepaar hat selbst drei Kinder adoptiert.

Brigitte Riedle (Diplom - Pädagogin und Fachkraft in der Adoptionsvermittlung)

TiVan Verlag 

Erscheinungsdatum: 3. Auflage Januar 2012

ISBN: 978-3980866095

Preis: 29,50 Euro

Erhältlich in jeder Buchhandlung oder 

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Rezension EKZ Bibiliotheksservice

´Kompetenz hoch drei` beschied ich den Autoren von ´Ratgeber Auslandsadoption`. Das trifft hier noch mehr zu, denn zu dem Juristen und der Psychologin, die drei ausländische Kinder adoptiert haben, gesellt sich mit B. Riedle eine Dipl.- Pädagogin. Gemeinsam behandeln sie – gut verständlich und mit vielen kurzen, prägnanten Fallbeispielen – im 1. Teil Überlegungen zu Motivation, Vorbereitung auf die Adoption, Kriterien von Jugendamt und Vermittlungsstellen, die Verfahren für in – und ausländische Adoption und die rechtlichen Folgen. Im 2. Teil geht es um das Zusammenleben von Eltern und Kind. ´´Was ist normal?` über Integration bis zur Suche des Kindes nach seinen Wurzeln. Im ausführlichen Anhang: Adressen, Stichwort – und Literaturverzeichnis, Adoptionsvorschriften in der BRD, der Schweiz und Österreich. Nicht gerade billig, aber unbedingt seinen Preis wert, denn dies ist in 30 Jahren privater und beruflicher Beschäftigung mit dem Thema Adoption der beste Titel, der mir vorgekommen ist.

 

Rezension in der AGSP:

Der vorliegende Ratgeber soll „....den Leser in die Lage versetzen, besser abschätzen zu können, ob eine Adoption für ihn persönlich in Frage kommt und denjenigen Anregungen und Wissen vermitteln, die sich bereits dazu entschlossen haben, schon adoptiert haben oder sich professionell mit dem Thema befassen“ (S.5)

Schon das Inhaltsverzeichnis zeigt, dass eine Fülle von wichtigen Fragen behandelt wird:

Einleitung
Warum adoptieren Menschen Kinder?

Wichtige Überlegungen
Kinderwunsch und Adoption
Der schwierige Weg zur Entscheidung
Kann man nur mit Kindern glücklich sein?
Pflegekind oder Adoption?
Kann man ein adoptiertes Kind genauso lieben wie ein 'eigenes'?
Und wie ist das mit den Genen?
Kinderglück ohne Schwangerschaft?
'Ihr werdet bestimmt schwanger, wenn das Kind dann da ist'
Wieso geben Menschen ihr Kind zur Adoption frei?

Ausland oder Inland?
Gestaltet sich das Leben mit ausländischen Adoptivkindern schwieriger?
Uns ist es egal wo das Kind herkommt
Ein weißes Kind hat es leichter

Welches Kind passt zu uns?
Wir wollen uns nicht überfordern
Ein Kind bis zu einem Jahr
Ein Mädchen
Ein Waisenkind
Ein intelligentes Kind
Wir möchten mehrere Kinder

Welche Kriterien muss man erfüllen?
Wie alt darf man für eine Adoption sein?
Wie viel Geld muss man verdienen?
Muss man seinen Beruf aufgeben?
Wie groß muss die Wohnung sein?
Haben auch kranke Bewerber eine Chance?
Partnerschaft und soziales Umfeld
Lebensziele
Wie sind die Chancen auf ein Kind?

Häufige Aussagen von Adoptionsvermittlungsstellen
Adoptivfamilien leben in einer Sondersituation
Das Kind darf nicht der Ersatz für ein leibliches Kind sein
Die Adoption ist ein Trauma
Die Kinder sind geschädigt
Es ist wichtig, dass das Kind seine Wurzeln kennt
Sie müssen erst Ihre Kinderlosigkeit verarbeitet haben
Wir suchen Eltern für Kinder

Vorbereitungen
Freuen oder nicht?
Das Adoptionstagebuch
Das Gespräch mit den zukünftigen Großeltern
Das Gespräch mit dem Arbeitgeber

Das Adoptionsverfahren
Landesjugendämter
Fragebogen
Lebensbericht
Adoptionsarten
Freie Vermittlungsstellen

Das Adoptionsverfahren - Sonderfälle
Stiefkindadoption
Die Erwachsenenadoption
Adoption durch Singles, Schwule und Lesben

Voraussetzungen der Adoption
Die rechtlichen Folgen der Adoption
Kann man die Adoption wieder auflösen?
Das Erbrecht
Kindergeld, Steuern, Erziehungszeit etc.

Das Leben mit Adoptivkindern
Die erste Zeit
Adoption und alles ist gut?
Die erste Begegnung mit dem Kind
Vorsehung oder Bürokratenakt
Ich will ein Baby sein
Du sollst noch etwas Baby bleiben

Was ist schon normal?
Verhält sich unser Kind normal?
Bindungsstörungen
Mein Kind treibt mich in den Wahnsinn
Adoptiert sein ist nicht normal

Integration
Was ist eigentlich eine Familie?
Rituale
Die Sprache
Doppelte kulturelle Identität
Wo ist die Identität des Adoptierten?
Muss man ein Kind aus Äthiopien äthiopisch erziehen?
Aus Tran Truong wird Elisabeth Schulze
Du bist aber ein schönes Kind
Sind Sie denn so sozial eingestellt?
Du bist adoptiert

Dankbarkeit und Schuld
Wer schuldet wem Dankbarkeit?
Wärst du etwa lieber im Heim geblieben?

Die Schule
Male einen Stammbaum
Verschiedene Kinder - verschiedene Talente
In der Schule sagt einer Neger zu mir

Die leiblichen Eltern
Die leiblichen Eltern
Die Suche nach den leiblichen Eltern
Kontakte

Die Wurzeln
Kann man ohne Wurzeln leben?
Erinnerungen an früher

Verbände, Initiativen, Selbsthilfegruppen
Informationen im Internet
Weiterführende Literatur
Adoptionsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches
Adoptionsvermittlungsgesetz
So adoptiert man in Österreich
So adoptiert man in der Schweiz
Quellenangaben
Stichwortverzeichnis
Impressum

Alle aufgeworfenen Themen werden in kurzen, übersichtlichen Kapiteln diskutiert. Zahlreiche Hinweise auf genutzte und weiterführende Quellen finden sich in den jeweiligen Kapiteln und dem über 50 Seiten starken Anhang. Die ansprechende äußere Gestaltung und eine große Zahl von aus der Praxis gegriffenen Fallbeispielen erleichtert die Lektüre. Zu der für Adoptionsbewerber wichtigen Frage der Abgrenzung von Pflegekindschaft und Adoption wird folgendes formuliert:
Adoption und Pflege haben gemeinsam, dass ein fremdes Kind in die Familie kommt. Beide Formen unterscheiden sich jedoch vor allem in ihrer rechtlichen Konstruktion ganz wesentlich voneinander.
   Während bei einer Adoption die rechtlichen Verbindungen zwischen Adoptivkind und seinen leiblichen Eltern vollständig gekappt werden, bleibt ein Pflegekind immer ein Mitglied seiner Herkunftsfamilie. Dies liegt daran, dass eine Pflegschaft als vorübergehende Maßnahme verstanden wird, die zum Ziel hat, das Kind wieder zu seinen leiblichen Eltern zurückzuführen. Die leiblichen Eltern verlieren nicht den Schutz des Art. 6 Grundgesetz (Schutz von Ehe und Familie) und die Pflegeeltern müssen sich darauf einstellen, dass das Kind irgendwann einmal zu seiner Herkunftsfamilie zurückkehrt.“ (S.12f.)

„Pflegeeltern, die sich seit Monaten oder Jahren liebevoll um das ihnen anvertraute Kind gekümmert haben, können sich meist nicht vorstellen, dass eine Herausgabe ohne eine wesentliche Gefährdung des Kindeswohls vonstatten gehen soll. Sie müssen dennoch damit rechnen, dass der zuständige Richter die Sachlage anders beurteilt und das Kind nicht in der Pflegefamilie bleiben kann.
   Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass etwa '60 Prozent der Pflegekinder in den Pflegefamilien bleiben und in ihnen groß werden.'
   Wer sich für ein Pflegekind interessiert, kann sich zur Beratung an sein Jugendamt wenden, oder mit den einschlägigen Interessengruppen Kontakt aufnehmen.“ (S. 16)

Weil viele Kapitel in ihrem didaktischen Aufbau sehr ähnlich gestaltet sind, soll hier nur beispielhaft aus einigen zitiert werden:
„Das Ehepaar Müller adoptiert ein Kind, bei dem sich bereits vor der Adoption zeigte, dass es mehrmals operiert werden muss. Zum jetzigen Zeitpunkt kann keiner der behandelnden Ärzte sagen, ob die Operationen zu einem Erfolg führen werden. Die Müllers sind eine Ausnahme. Die meisten Bewerber wünschen sich ein Kind, das keine Beeinträchtigungen mitbringt. Spätestens beim Ausfüllen der Antragsformulare gibt es dann die ersten Schwierigkeiten, wenn danach gefragt wird:
   'Würden Sie auch ein beeinträchtigtes Kind oder ein behindertes Kind akzeptieren? Ja () Nein ()' Was soll man darauf antworten? Natürlich hoffen die meisten auf ein völlig gesundes Kind. Wenn man nun aber sein Kreuz bei 'Nein ()' macht, führt dies dann dazu, dass man im Amt ganz unten im Aktenstapel landet und keine Chancen auf Vermittlung hat? Wenn man allerdings bei 'Ja ()' ankreuzt - wird einem dann vielleicht ein behindertes Kind vermittelt, das man so gar nicht wollte? Grundsätzlich ist zu sagen, dass sich diese Frage mit 'ja' oder 'nein' nicht beantworten lässt. Ein Kind, dem an einer Hand ein Finger fehlt, ist beeinträchtigt und ein Kind, das eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte hat, ist es auch. Eine Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn das Kind einen schweren Herzfehler hat, aber auch dann wenn es an einer leichten Spastik leidet. All diese Fälle sind kaum miteinander zu vergleichen.
   Es empfiehlt sich deshalb bei der Frage nach Beeinträchtigungen zu antworten: 'Das kommt darauf an'. Man kann dies dann später im persönlichen Gespräch mit der Fachkraft der Vermittlungsstelle präzisieren.
   Spätestens in diesem Gespräch muss man dann aber darlegen, welche Vorstellungen man sich von seinem zukünftigen Kind macht. Viele antworten: 'Wissen Sie, es soll ja auch ein Kind sein, das zu uns passt. Es ist ja auch für das Kind nicht gut, wenn wir uns überfordern.'
   Dies ist natürlich völlig richtig. In der Tat sollte sich niemand überfordern. Selbstverständlich ist es für ein körperlich oder geistig behindertes Kind nicht gut, in eine Familie zu kommen, die Behinderungen als Makel erlebt und mit den Einschränkungen des Kindes nichts anfangen kann. Es ist auch sicherlich nicht gut für das Kind, wenn seine Eltern nicht angemessen auf die Anforderungen reagieren, sondern in ihrer Hilflosigkeit die Situation nur verschlimmern.
   Es ist dennoch problematisch, wenn sich Bewerber nur in der Lage sehen, ein süßes kleines, gesundes und intelligentes Mädchen zu erziehen und glauben, bei der Erziehung eines beeinträchtigten Kindes überfordert zu sein. Vielfach werden so an ein Adoptivkind höhere Anforderungen gestellt als an ein leibliches Kind.
   Viele Adoptionsbewerber haben Maßnahmen der künstlichen Befruchtung hinter sich. Hier lässt sich kaum einer von Meldungen wie diesen abschrecken: 'Das Mainzer Geburtsregister zeigt bei natürlich gezeugten Kindern gut fünf Prozent Fehlbildungen, bei denen nach ICSI jedoch 16 Prozent. Retortenkinder leiden auffallend oft an Geburtsschäden, Entwicklungsstörungen und Erbdefekten. Auch Krebsleiden scheinen häufiger vorzukommen. Weltweit - auch in Deutschland - sind bis zu vierzig Prozent jener Neugeborenen, die mit medizinischer Hilfe gezeugt werden, Mehrlinge, meist Zwillinge. Die oft viel zu frühe Geburt dieser Kinder geht häufig mit Defekten einher, die eine Hypothek für das ganze Leben darstellen. Die von der kassenärztlichen Bundesvereinigung herausgegebenen Richtlinien über künstliche Befruchtung verlangen daher ausdrücklich die Beratung der Paare auch über die höheren genetischen Risiken der Spermieninjektion.'
   Manche Paare haben trotz aller Risiken über Jahre versucht, auf diesem Weg schwanger zu werden. Über jedes Kind, das ihnen so geschenkt worden wäre, hätten sie sich unermesslich gefreut. Es ist dann nicht immer nachvollziehbar, wenn später bei der Adoption Anforderungen an ein angenommenes Kind gestellt werden, die kaum zu erfüllen sind.“ (S.33/34)

“Gerhard (60 Jahre) und Doris (41 Jahre) wollen gerne ein Kind adoptieren. Gerhard ist mit Doris in vierter Ehe verheiratet und auch Doris hat bereits eine Ehe hinter sich. Gerhard verfügt über ein gesichertes Einkommen und das Reiheneckhaus ist bald abbezahlt. Als die beiden das Jugendamt aufsuchen, ist die zuständige Sozialarbeiterin von den Adoptionsplänen wenig begeistert. Sie hält das Paar nicht grundsätzlich für ungeeignet, hat aber doch wegen des Alters von Gerhard erhebliche Bedenken. 'Wissen Sie, ich bezweifle gar nicht, dass sie gute Eltern sein könnten und es ist ja auch nicht grundsätzlich verboten, in ihrem Alter zu adoptieren. Aber nach den Bestimmungen der Landesjugendämter sollen der Altersunterschied zwischen Adoptiveltern und ihrem Kind nicht mehr als 40 Jahre betragen. Deshalb muss ich ihren Wunsch leider ablehnen.
     Das Gesetz selbst sieht kein Höchstalter vor. Grundsätzlich ist es deshalb nicht verboten, wenn zwei Fünfzigjährige ein Kind adoptieren.
   Die Adoption eines nichtverwandten Kindes im Inland wird in diesem Alter jedoch kaum gelingen. Es gibt zu viele Bewerber und die Adoptionsvermittlungsstellen können aus so vielen geeigneten Paaren auswählen, dass sie sich in der Regel nicht für das Paar entscheiden, bei dem ihnen der Altersabstand zwischen Kind und Eltern zu groß erscheint. Bewerber über vierzig haben daher in Deutschland nur geringe Chancen. Bei manchen Jugendämtern wird die Grenze bereits bei 35 Jahren gezogen.
   Wer für eine Inlandsadoption zu alt ist, kann jedoch durchaus bei einer Auslandsadoption Erfolg haben. Die Adoptionsvermittlungsstellen für ausländische Kinder ziehen oft keine starren Altersgrenzen und so haben hier manchmal auch etwas ältere Bewerber noch eine Chance.
   Es ist jedoch immer zu beachten, dass es in den einzelnen Ländern Anforderungen an das Alter geben kann, die eingehalten werden müssen. Wenn ein Land festgelegt hat, dass für Adoptivbewerber ein Höchstalter von 40 Jahren gilt, kann die Adoptionsvermittlungsstelle für zwei 45-jährige Bewerber auch dann keine Vermittlung durchführen, wenn sie sie für sehr geeignet hält.
   Verheiratete Paare, bei denen einer deutlich älter als der andere ist, sind gegenüber  unverheirateten Paaren benachteiligt.“ (S.44)

„Oft wird von Ämtern und Medien die Meinung verbreitet, die Beantragung einer Adoption sei generell ohne Aussicht auf Erfolg und tatsächlich gibt es viele Paare, die schon seit Jahren ergebnislos auf ein Kind warten. Das ist jedoch nicht die Regel. Es gibt viele Paare, die schon nach ein paar Monaten ein Kind vermittelt bekommen haben und in manchen Familien haben sogar ganze Fußballmannschaften von Kindern ein neues Zuhause gefunden (die Leiterinnen der freien Adoptionsvermittlungsstellen ICCO und Pro Infante haben jeweils 14 Kinder adoptiert).
   Grundsätzlich lässt sich allerdings feststellen, dass es angesichts der seit Jahrzehnten rückläufigen Adoptionszahlen nicht leicht ist, ein Kind zu adoptieren. Seit dem Jahr 1978, als die Zahl der Adoptionen mit 11.224 Fällen einen Höchststand erreichte, sind die Vermittlungen bis 2004 um etwa die Hälfte zurückgegangen. Dabei ist zu beachten, dass davon noch 314 auf sogenannte Verwandtenadoptionen entfielen und 2.916 auf Stiefkindadoptionen. (S.53)

„Hannah und Tobias S. kommen in das Jugendamt von Musterstadt, um sich für die Adoption eines Kindes zu bewerben. Im Gespräch verdeutlicht Ihnen die zuständige Mitarbeiterin, dass es ganz wesentlich für Bewerber sei, dass ein angenommenes Kind niemals der Ersatz für ein leibliches Kind sein könne. Tobias S. meint daraufhin: 'Selbstverständlich. Das ist uns völlig bewusst. Es wäre ja auch unfair dem Kind gegenüber.’ Auf dem Nachhauseweg, als das Paar noch einmal über die Angelegenheit spricht, fragt er dann seine Frau: 'Sag mal, was hat die denn eigentlich damit gemeint, dass das Kind kein Ersatz sein kann? Ich hob natürlich zugestimmt, aber eigentlich verstehe ich das nicht.'
   Wenn man im Bedeutungswörterbuch des Duden nachschaut, findet man unter 'Ersatz': 'Person oder Sache, die an die Stelle einer nicht mehr vorhandenen Sache oder nicht mehr verfügbaren Person tritt.'
   Folgt man dieser Definition, so kann ein Adoptivkind ein Ersatz sein, wenn ein leibliches Kind gestorben ist und ein angenommenes an seine Stelle tritt. Tatsächlich gibt es Fälle, in denen ein Sohn oder eine Tochter stirbt, dann ein Kind angenommen wird und es zur Verdeutlichung dessen, welchen Sinn seine Adoption hat, auch gleich noch den Namen des Verstorbenen erhält. In diesen Fällen ist es sehr deutlich, dass das Adoptivkind der Ersatz für das leibliche Kind ist.
   Was aber ist, wenn das Paar vorher noch gar keine Kinder hatte? Kann ein Adoptivkind auch dann ein Ersatz sein? Kann man etwas ersetzen, das es noch nie gegeben hat?
Mit der Forderung, dass ein Adoptivkind kein Ersatz sein darf, ist Folgendes gemeint: Jedes Adoptivkind hat eine eigene Persönlichkeit und es hat ein Recht darauf, dass es mit dieser Persönlichkeit respektiert wird. Es darf kein Lückenbüßer für ein Kind sein, das nie geboren wurde. (S.58)

Die kritische Auseinandersetzung mit den Adoptivkindvermittlern ist an vielen Stellen des Buches geradezu erfrischend:
„Viele Faktoren machen eine Adoption zu einem psychischen Gesundheitsrisiko. Das adoptierte Kind hat normalerweise leibliche Eltern, die ihrer Aufgabe schlecht gewachsen sind, sich nicht um ihr Kind kümmern können und es deshalb weggeben müssen. Die Schwangerschaft mag unerwünscht gewesen sein, das Kind kann anderweitig nicht versorgt werden. Das Kind kann zu den Elternfiguren, die es nicht versorgen konnten, eine schlechte Bindung entwickelt haben. Vernachlässigung oder Missbrauch können Grund für die Adoption sein, die wiederum zu traumatischen Trennungs- und Verlusterlebnissen führt. Und: Als adoptiertes Kind wird es von adoptierenden Eltern erzogen, die ihre eigene Geschichte von Frustration und Verlust haben, die sie motiviert hat, Elternschaft durch Adoption zu verwirklichen.'
Solche und ähnliche Aussagen bekommen Adoptionsbewerber und Adoptiveltern häufig zu hören.
   Dass Kind und Eltern viele negative Erfahrungen in ihre Beziehung mitbringen, ist nicht zu bestreiten. Dennoch bleiben Fragen:
   Wieso soll bei einem Kind, das von seinen Eltern vernachlässigt worden ist und das zu anderen Eltern kommt, die Adoption ein Gesundheitsrisiko sein? Um das Risiko für die Gesundheit auszuschalten, müsste das Kind konsequenterweise bei seinen biologischen Eltern bleiben, die es weiter vernachlässigen - eine eher absurde Schlussfolgerung. Die Ursache für die Adoption ist, dass die leiblichen Eltern nicht für das Kind sorgen konnten, dass es von seiner leiblichen Mutter getrennt wurde, vielleicht vernachlässigt wurde, etc. All dies kann zu Traumatisierungen und Gesundheitsgefährdungen führen. Schlimme Erlebnisse sind meist der Grund, weshalb es zur Adoption kam und nicht Folge der Adoption. Man darf hier nicht Ursache und Wirkung verwechseln.
Dennoch können auch das Adoptionsverfahren und das anschließende Zusammenleben mit den neuen Eltern zu traumatischen Folgen führen. (S 60/61)

Zur Identitätsentwicklung des Adoptivkindes findet der Leser folgenden Textauszug:
„Immer wieder liest man davon, dass Adoptierte auf der Suche nach ihrer Identität sind, dass es wichtig ist, sie bei dieser Suche zu unterstützen und dass es manchen von ihnen nicht gelingt, zu einer persönlichen Identität zu finden.
   Die Schwierigkeit bei solchen Aussagen liegt darin, dass nicht ganz klar ist, was Identität eigentlich ist, wo man sie findet und wie man merkt, dass man eine gefunden hat.
   Eine allgemein gültige Definition von Identität gibt es nicht. Das führt dazu, dass der Begriff  ‚Identität’ selbst Identitätsschwierigkeiten hat. Identitätsdiskussionen werden - mit erhöhtem Kollisionsrisiko - zum Blindflug.
   Zunächst einmal leitet sich der Begriff Identität vom lateinischen 'idem' ab, was soviel wie dasselbe oder derselbe bedeutet.
Ein Stuhl, der am Montag eingekauft wird, ist am Donnerstag noch immer derselbe. Er ist identisch.
   Auch ein Auto ist nach ein paar Tagen - vorausgesetzt, man ist damit nicht gegen eine Wand gefahren - immer noch dasselbe. Es ist identisch.
   Beim Menschen ist die Sache schon komplizierter, da er sich ständig ändert, manchmal von Tag zu Tag. Menschen verändern ihre Gefühle, ihre Einstellungen, ihr Denken und Handeln. Viele überlegen sich, wie es nur hat kommen können, dass sie so ganz anders geworden sind, als sie sich das früher vorgestellt haben. Und sie denken darüber nach, wie sie sich verändern können, um in der Zukunft noch besser leben zu können. Sie sind also nicht statisch wie ein Stuhl oder ein Auto, sondern einer laufenden Entwicklung unterworfen. Dennoch spricht man auch bei ihnen von einer Identität, von der so genannten ‚Ich-Identität’, oder ‚persönlichen Identität’. Es handelt sich dabei um einen relativ modernen Begriff, der etwa seit den 60er Jahren in den Sozialwissenschaften benutzt wird.
   Abhandlungen über die Identität und die Ich-Identität füllen ganze Bibliotheken. Letztlich geht es aber immer um eine ganz zentrale Frage:
'Wer bin ich?'
Unter Identität versteht man, dass sich ein Mensch als eine geschlossene Einheit ansieht und dass er selbst davon überzeugt ist, trotz der eigenen Entwicklung und der Veränderung der Umwelt dieselbe Person zu bleiben.
Die Identitätsentwicklung findet immer im sozialen Kontext statt. Eltern, Schule, Freunde, Verwandte und Nachbarschaft - sie alle übernehmen eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Identität.“ (S.156/157)

Im Anhang findet der Leser nützliche Hinweise auf Internetseiten, weiterführende Literatur, Interessenverbände und Gesetzestexte.

Das Buch erfüllt den selbstgestellten Anspruch in jeglicher Hinsicht und ist darüber hinaus eine reichhaltige Fundquelle für Fachkräfte, weil viele Studien und deren Resultate vorgestellt, auf ideologische Mängel abgeklopft, dialektisch diskutiert und deren Aussagen auf praktische Verwertbarkeit hin geprüft werden. Es ist leicht lesbar und allen, die sich mit dem Thema Adoption beschäftigen, zur Lektüre wärmstens zu empfehlen.

Christoph Malter